HYPER ZONE

2023

Hyper Zone is a film set in a post-apocalyptic wasteland. It explores processes of transformation and reorientation, bespeaks what could be called "the manifold minor apocalypses" of our time of upheaval. Whereas today the planet fears the planetary crisis, the film apparently sets in after the crisis. The old reality lies waste. (Jörg Scheller) 

The four protagonists "create" their new reality. The relationships between humans, mycelia, animals, non-living beings and bots intertwine in a social, abstract and ecstatic experiment. 


With the support of: Kanton Solothurn, Elisabeth Weber Stiftung, Stiftung Anne-Marie Schindler, Susanne und Martin Knechtli-Kradolfer Stiftung, Stiftung Erna und Curt Burgauer 

Film Stills, Hyper Zone, 2023, 25 min.

A FILM FROM
 ANA HOFMANN

Tim Bettermann, Benjamin Burger, Martina Momo Kunz, Rebeka Mondovics, Aline Petrò, Benjamin Spinnler, Songhay Toldon, Fabienne Watzke
PERFORMANCE
Michael Schwendinger, Simon Bitterli
CAMERA
Pascal Lund-Jensen
MUSIC and SOUND DESIGN
Felix Hergert
EDIT and MONTAGE
Jürgen Kupka
COLOR GRADING
Dimitri Stapfer
CONSULTING DRAMATURGY und COACHING PERFORMANCE
Rebeka Mondovics
CHOREOGRAPHY
Henriette-Frederike Herm
COSTUME
Silvana Büsch, Nina Zogg
MAKE-UP
Ana Hofmann
DIRECTION and EDIT

Text von Jörg Scheller (Kunsthistoriker, Journalist, Kurator und Musiker, 2023 )
Im Zentrum von Hofmanns Film steht eine apokalyptische Neuordnung. Alleine schon das Color Grading deutet darauf hin, dass die Künstlerin gar nicht erst von dualistischen metaphysischen Konzepten wie „Himmel und Hölle“ oder „Gut und Böse“ ausgeht, sondern von den verwickelten empirischen Realitäten des irdischen Lebens: Im Verlauf des Films verändert sich die Farbgebung subtil in Form eines Kontinuums.

Die Ereignisse der Handlung scheinen sich in einer Phase der Wiedergeburt, der Neuorientierung, des Experimentierens und der Identitätssuche in einem postapokalyptischen Ödland zu entfalten. Tatsächlich entpuppt sich der Ort als trockengelegter Stausee, der Assoziationen an die drohende Klimakatastrophe weckt. Doch während unser Planet heute die planetarische Krise fürchtet, setzt Hofmanns Plot offenbar nach der Krise ein. Die vier Protagonisten "erschaffen" sich ihre Realität – performativ, durch Gesten, Rituale, Wiederholungen, Variationen. Die Figuren in der "Hyper Zone" können somit als postgöttliche Götter gesehen werden, die die Wirklichkeit nicht durch erhabene Sprechakte ex nihilo kreieren, sondern, auf Trümmern stehend, durch Körperbewegungen und Gesten, durch Tanz und Kampfsport, durch Gestaltwandel und Identitätsveränderung, durch Experimente, Improvisation, Emergenz. Und wie die vier sich da an die Arbeit machen, entsteht eine Fülle von Möglichkeiten, aber auch von Unsicherheiten.

Damit verweist "Hyper Zone" auch auf das, was man "die vielfältigen kleinen Apokalypsen" unserer Umbruchszeit nennen könnte. Wir leben in einer Zeit, in der sich Apokalyptik nicht nur auf die Klimakrise oder den drohenden globalen Krieg beziehen lässt, sondern auch auf die Fülle von Enden, die mit der ständigen Neubewertung der Realität in offenen Gesellschaften einhergehen. Hofmanns Protagonisten scheinen diesen Zustand zu verkörpern. Ein Ende nach dem anderen wurde diagnostiziert, verkündet, herbeigewünscht, und noch viele weitere werden diagnostiziert, verkündet, herbeigewünscht: das Ende der Geschichte, das Ende des Menschen, das Ende des Kapitalismus, das Ende der Wahrheit, das Ende der Ehe, das Ende des Patriarchats, das Ende der Illusionen, das Ende der Natur, das Ende der Demokratie... Dieser Karneval der Enden wird nicht nur von einem Karneval der Wiederkehr begleitet, sondern auch von einem Karneval der Auflösungen. Überall um uns herum lösen sich die Grenzen auf, die Gegensätze zerbröckeln. Die dualistische Ordnung der Geschlechter wird in Frage gestellt. Die dualistische Ordnung von Natur und Kultur ist umstritten. Die dualistische Ordnung von Moderne und Vormoderne wird angefochten. Darüber hinaus wird die modernistische Ordnung der Disziplinen und sozialen Systeme dekonstruiert: Mode verschmilzt mit Kunst, Wissenschaft geht in Aktivismus über, Politik wird zu Ökonomie, Trans-, Inter- und Multidisziplinarität sind angesagt. Hofmanns stark stilisierter Film synthetisiert und überblendet Elemente von Modeclips, Videokunst, Musikvideos. Es ist unklar, welchem Genre er eigentlich angehört – am ehesten einem, das sich gerade aufgelöst hat, oder vielleicht einem Hypergenre? So wie die Protagonisten zwischen Enden und Anfängen tanzen und Bewegungsabläufe einüben, befindet sich der Film selbst in einem Zwischenzustand; einem Zustand der Post-Oppositionalität, des Post-Antagonismus, gewissermassen der Indisziplinarität. 

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